Mit einem strahlendem Lächeln kommt die 13- jährige Abeer angerannt und berichtet stolz: „Ich habe heute meine Mathematikarbeit zurückbekommen und als einzige eine 2 geschrieben.“ Während die anderen Flüchtlingskinder mit ihren Fahrrädern schon in Richtung Mensa über den Pausenhof fahren, bleibt Abeer noch vor den Pavillongebäuden stehen. Sie läuft gut gelaunt den allmählich eintrudelnden Betreuern entgegen und begrüßt sie. Sie erzählt jedem von ihrem großartigen Erfolg.
Was sich jedoch hinter dem strahlenden Kindergesicht verbirgt, könnten sich die meisten gleichaltrigen Kinder in Deutschland nicht einmal in ihren schlimmsten Träumen vorstellen. Eine lange gefährliche Reise und eine Vergangenheit mit schrecklichen Erlebnissen prägen die Lebensläufe der geflüchteten Kinder aus den verschiedensten Nationen wie Syrien, dem Iran und Irak, Afghanistan und Eritrea. In diesen Ländern gehören Kämpfe und Gewalt zur Tagesordnung. Die Kinder bekommen dies von klein auf mit und kennen die Welt nicht anders. Keine Eltern würden ihren Kindern jemals so etwas zumuten. Nicht wahr? Die Hoffnung auf Sicherheit und einen Neuanfang mit einem besseren Leben hat jede einzelne der geflüchteten Familien. Ungefähr ein Drittel der Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen sind Kinder. Viele von ihnen teilen das gleiche Schicksal.
„Und wie geht es mit den Kindern weiter, wenn sie erstmal in Deutschland angekommen sind?“
Seit dem 9. März 2016 gibt es schon die Flüchtlingskinderbetreuung mit dem Namen: „Villa International“ am Max-Planck Gymnasium in
Groß-Umstadt. Gegründet wurde sie von der 52- jährigen Initiatorin Marie-Luise Sudhoff. Zum Glück gibt es Menschen wie sie, welche sich herzlich und ehrenamtlich um die geflüchteten Kinder kümmern. Die Kinder wohnen in Flüchtlingsheimen und besuchen hauptsächlich die Ernst-Reuter -, Geiersberg – und Goetheschule. Dort gibt es spezielle Integrationsklassen. Nachmittags gehen sie dann in die Betreuung am Max-Planck-Gymnasium welche täglich von 13:00 Uhr – 15:15 Uhr stattfindet. Die 6- bis 17- jährigen sind schon zwischen drei Monaten und vier Jahren in Deutschland. Daher sind ihre Deutschkenntnisse sehr unterschiedlich.
In der Betreuung werden Hausaufgaben gemacht, Sport getrieben, gelernt und gespielt. Durch die großzügige Organisation des Max-Planck Gymnasiums dürfen die Kinder ab 13:00 Uhr in der Mensa gemeinsam Mittagessen.
„Das Essen schmeckt aber gut!“, hört man von den genüsslich essenden Kindern. Heute gibt es mal wieder Spaghetti Bolognese mit einem leckeren Schokoladenpudding zum Nachtisch. Gemeinsam lachen und unterhalten sich die Flüchtlingskinder mit den jugendlichen Betreuern. Es wird über die Schule, den heutigen Tag und das Essen geredet. Zufrieden dreht die braunhaarige Samira den letzten Happen Spaghetti mit ihrer Gabel auf. Eine junge Betreuerin fragt freundlich, ob sie denn heute Hausaufgaben auf habe. Samira nickt. Sie geht in die vierte Klasse der Geiersbergschule und hat sich fest vorgenommen, dieses Jahr auf das Gymnasium zu kommen. Wenn sie so weiter macht wie bisher, hat sie auf jeden Fall gute Chancen. Heute möchte sie mit den Betreuern viel lernen, da sie am Donnerstag schon wieder eine Deutscharbeit schreibt. Vorher jedoch möchte sie wie die anderen rund 40 Kinder auf dem Pausenhof mit ihren Freunden spielen. „Das darf sie natürlich, denn erst ab 14:00 Uhr trommeln wir die Kinder zusammen um Hausaufgaben zu machen, wie jeden Tag.“, erzählt ein Betreuer. Betreut werden die Flüchtlingskinder hauptsächlich von Schülern des MPG im Alter von 14 bis 18 Jahren, es gibt aber auch einige ehemalige Lehrerinnen, welche jeden Tag mit dabei sind. Begeistert sind die Schüler davon, etwas Gutes zu tun und gemeinsam den Kindern zu helfen. Jeder der möchte, kann in die Betreuung mit einsteigen. Nach dem Essen räumt Samira ihr Geschirr in das dafür vorgesehene Regal. Sie schnappt sich ihre Freundin Mehdi und rennt auf den Pausenhof, zum Seilspringen.
Ziel ist es, den Kindern auf spielerische Weise die deutsche Sprache näher zu bringen, da sie diese oft noch nicht beherrschen. Außerdem sollen die Eingewanderten individuell gefördert werden und ihnen soll eine Basis geschaffen werden, um im deutschen Schulsystem zu bestehen. Denn unser deutsches Schulsystem ist für die Flüchtlingsfamilien erstmal nicht einfach zu begreifen. Den Familien liegt in erster Linie die zukünftige Bildung ihrer Kinder besonders am Herzen. Aus diesem Grund haben sie Frau Sudhoff um Hilfe gebeten. Zudem ist es ihr wichtig, dass die Flüchtlingskinder integriert werden und ihnen ein Stück kontinuierliche Heimat gegeben wird. „Auch Flüchtlinge brauchen Sicherheit, welche sie oft bei Kindern mit gleicher Vergangenheit finden.“, fügt Marie-Luise Sudhoff hinzu.
Die genannten Integrationsansätze sind bisher sehr gut gelungen. „Ich kann jetzt sogar schon besser Deutsch als meine Muttersprache!“, berichtet Samira mit einem Grinsen im Gesicht. Genau diese Sätze machen die Initiatorin unglaublich stolz. Das schönste an der Betreuung sei es, die Fortschritte der Kinder zu beobachten, die Lebensfreude und das Wohlbefinden zu sehen.
„Du Blödmann, du hast meinen Stift kaputt gemacht!“, faucht Kamil seinen Sitznachbarn an. Schnell eilt ein Betreuer hinzu und probiert den Streit zu schlichten, jedoch weigert sich Kamil mit einer wütenden Miene. Der Betreuer meint, dass die Betreuung viel Spaß mache, oft aber mit viel Arbeit verbunden sei, da sich einige Kinder noch nicht ganz in die Regeln eingefunden haben. Daran wird aber fleißig gearbeitet und die Erfolge können sich sehen lassen. Dank der Förderung haben es die Flüchtlinge wesentlich einfacher in der Schule.
Von Martha Schmagold und Lea-Sophie von Törne, Klasse 8d, Max-Planck-Gymnasium Groß-Umstadt
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