„Woyzeck“ ist ein alter Text aus dem frühen 19. Jahrhundert und gleichzeitig aktueller denn je. Denn das Dramenfragment des Darmstädter Dichters Georg Büchner zeigt das Schicksal eines armen Stadtsoldaten, dessen Leben geprägt ist von körperlicher Ausbeutung, psychischer Labiliät und Unterdrückung durch höhere Gesellschaftschichten. Am Ende ersticht Woyzeck seine Geliebte Marie mit einem Messer. Leicht lässt sich die Handlung auf moderne Formen der Sklaverei übertragen, wie sie sich z.B. in Unternehmen zeigt, die die Arbeitskraft ihrer Mitarbeiter bis zu deren Erschöpfung takten.
Was er hätte gesagt haben können, wenn er zu reden im Stande gewesen wäre, haben Schülerinnen und Schüler der Oberstufe in Worte gefasst:
Gedicht – Woyzeck
Hilfe, ich will hier raus,
Jetzt ist’s mit der Marie aus!
Es war ihre Schuld,
Ihr Betrug und der Tumult.
Auch die ganze Tugend kann mir nicht helfen,
Und mein Status kann nicht gelten.
Ich ergreif das Messer,
Dann wird endlich alles besser.
Jetzt ist eh alles aus,
Hilfe, ich will hier raus!
(Antonia Jost, Janina Kreher, Zoe Heß, Annabelle Held)
Hallo?
Ist da jemand?
Hört mich jemand?
Ich will hier raus!
Hilfe!
Mein eigenes Leben hält mich gefangen.
Ich sitze hier gefesselt.
Meine Sorgen, meine Krankheiten, die Gesellschaft – sie alle legen mir Ketten an.
Ich will raus.
Ich will raus aus dem Gefängnis meines eigenen Lebens.
Wo ist das Tor zu einem erfüllten Leben?
Ich suche das Tor.
Doch da ist keins.
Ich kann es nicht finden und ich kann es nicht öffnen.
Ich will raus.
Ich will raus aus dem Gefängnis meines eigenen Lebens.
So darf es nicht sein.
So darf es nicht enden.
Warum tut man mir das an?
Hallo?
Ist da jemand?
Hört mich jemand?
Ich will hier raus!
Hilfe!
Ich will das nicht!
(anonym)
“Hilfe!
kein Ausweg
kann nit mehr
Marie, wo bist du?
Schmerz”
(Michelle Wilz)
(Lea Sophie-Quaiser)
Einsam eingefangen, steht mit seinen Wangen an den Eisenstangen
Aus dem Mann dringt ein Verlangen, er will freigelangen,
Hoffnung dünn wie ein Seidenstrang,
Doch drückt ein Heidendrang, wachsend und stramm wie ein Feigenstamm
Die Freiheit schießt aus dem Hirnspalt seiner Schädeldecke,
Hoffnung fließt wie der Inhalt seiner Tränensäcke,
Schwimmt im Wasser wie ne regenfeste Nebelweste oder die gewebten Netze der Segelknechte
Durch regelrechte lebensechte Seegefechte.
Es verdirbt sein kluges Wesen, der Natur entgegen im Käfig stehen
Vom Leben hart gegeben, als tut er bei den Suchvorschlägen
Von Google eben neben Hure stehen.
Würd sich gar die Kugel geben,
die Magnumtrommeln laden, die Seele schwarz und voller Narben
Doch es wird ihm offenbaren, es sind nicht die Stahlbetonfassaden
Die seine Träume von Badeprommenaden ohne Gnaden hart zerschlagen.
Die Gesellschaft und Woyzeck wandeln auf blutigen Pfaden,
In Luzifers Namen, Doktor und Hauptmann, die wie Jupiter strahlen bloß Trugbilder waren,
Durch Erbsendiät leidet Kummer im Magen, ließen am Hungertuch nagen,
Die ihn mit Sisyphostaten seit Jahren unterwarfen.
Somit das Gefängnis ein Konstrukt seiner selbst, ein eisern Zelt, dass ihn einsam hält
So bleibt er auch als alter Mann, einsam eingefangen, mit seinen faltigen Wangen,
an den kalten Eisenstangen.
(Tom Trojan)
Zeichnung von Zoe Heß
Textbeiträge von Schülerinnen und Schülern des Grundkurses Deutsch
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