73 Solarradios mit USB-Sticks warten in Addis Abeba auf die Auslieferung an die Mekelle Adventist School in der Region Tigray im Norden Äthiopiens. Mithilfe der knapp 2400 Euro, die bei einer Spendenaktion am Max-Planck-Gymnasium über die Schüler:innen, Eltern und Lehrer:innen vor den Sommerferien 2021 gesammelt wurden, konnten die Geräte finanziert werden. Sie liegen nun bereit für die Schüler:innen der 7. und 8. Klasse, damit für sie in naher Zukunft Distanzunterricht gestaltet werden kann. Bisher konnten die Geräte nur leider nicht an die Schule entsendet werden. Das hat verschiedene Gründe. Zum ersten finden aufgrund der kriegerischen Auseinandersetzungen und der damit verbundenen unsicheren Lage kaum Transporte von Gütern in die nördliche Region statt. Zum zweiten gibt der Lieferant die Geräte nur dann frei, wenn durch zu erstellende Schülerlisten von der Mekelle Adventist School die Radios personalisiert werden und damit ein Nachweis erstellt werden kann, dass sie nicht zur Unterstützung der Rebellen im Norden eingesetzt werden. Eine Absicherung des Lieferanten gegenüber der Regierung. Nur leider besteht seit Monaten eine Kommunikationsblockade, weder Telefon noch Internet funktionieren, weshalb das Erstellen der Liste nur schwer möglich ist.
Seit März 2020 kann kein Unterricht für die Schüler:innen an der Mekelle Adventist School und vielen weiteren Schulen in der Region Tigray stattfinden. Das lag zunächst an der Corona-Pandemie. Dann kam der Krieg. Dadurch entsteht eine große Bildungslücke und die Schüler:innen sind isoliert. Um dennoch einen Weg zu finden, sie zu unterstützen, kam nach Vorbild von Unicef-Projekten die Idee auf, Solarradios an die Schüler:innen zu verteilen. So bietet sich ihnen die Möglichkeit über einen Stick Unterrichtsinhalte, die zuvor von den Lehrer:innen aufgenommen wurden, anzuhören. Das Projekt geschieht in Absprache mit dem kirchlichen Träger, der sich laut eigenen Aussagen sehr über die Initiative freut. Zusätzlich wünscht er sich, dass noch weitere Einrichtungen von dem Projekt profitieren können. Zur Finanzierung dieser Solarradios begannen wir an unserer Schule Spenden zu sammeln.
Im November 2020 wurde die in Tigray regierende Volksbefreiungsfront (TPLF) von Truppen der äthiopischen Regierung, mit der Begründung, Aufständische hätten zuvor Militärbasen attackiert, angegriffen. Dieser Angriff löste einen bis heute anhaltenden Bürgerkrieg aus. Aus diesem Bürgerkrieg resultierte eine humanitäre Krise. Tausende Menschen wurden getötet und mehrere Millionen Menschen mussten vor Kämpfen in ihrer Heimat fliehen. Zusätzlich werden den Konfliktparteien schwere Kriegsverbrechen, wie systematische Vergewaltigungen, Hungersnot als Kriegswaffe und ethnisch-motivierte Massaker, vorgeworfen. Insgesamt sind Nahrungsmittel und weitere Ressourcen knapp und die Kommunikation schwierig bis unmöglich. Der äthiopischen Regierung wird außerdem vorgeworfen die Arbeit von Hilfsorganisationen in der Region zu blockieren. Die Coronakrise verschlimmert die Situation weiter. Es gibt keinen Zugang zu Banken, die Märkte bieten recht wenig zu essen, es herrscht zwar gegenseitige Unterstützung in der Bevölkerung, allerdings sind die Mittel an allen Enden knapp. Obwohl es im Sommer zwischenzeitlich kaum kriegerische Handlungen in Mekelle gab, weshalb viele Menschen dorthin geflüchtet sind, spitzt sich aktuell die Lage allerdings wieder zu, da die Regierung erneut in der Stadt militärische Ziele ins Visier nimmt und Luftangriffe stattfinden. Dabei rücken die Rebellengruppen Richtung Süden in andere Bundesstaaten des Landes vor. In der Hauptstadt Äthiopiens Addis Abeba ist aktuell ein 6-monatiger Ausnahmezustand ausgerufen worden mit dem Ziel, zusätzliche Kräfte in der gesamten Bevölkerung zu mobilisieren zur Unterstützung der Regierung im Kampf gegen die TPLF.
Antonia Jost, Lisa Reichl und Romy Berhane.
Schreibe einen Kommentar