Tatort Groß-Umstadt: Das ganze Jahr hatte sich der zwölfjährige Schüler Simon E. auf den Nikolaustag, den 6. Dezember, gefreut. An diesem Tag soll vor ungefähr 1650 Jahren der heilige und haarige Bischof Nikolaus von Myra gestorben sein. Seit je her stellen Millionen von Kinder weltweit zum Andenken an seine wohltätigen Wohltaten ihre Schuhe, Stiefel, Sneaker oder Sandalen vor die Türschwelle und hoffen, dass der Heilige ihre Seele mit einer kleinen Gabe erquickt.
So natürlich auch der Salamibrotliebhaber Simon E. Dieser hatte seine Schuhe, in der Hoffnung, dass der Nikolaus ihm vielleicht etwas Extravagantes spendet, am Vorabend noch einmal gründlich geputzt. Auch in der Schule war er bemüht, sich am Tag vor Nikolaus besonders artig zu verhalten und hat sogar noch die Holzstücke auf dem Schulhof zusammengesammelt und zurück zum “großen Felsen” zwischen dem N-und dem Z-Bau gebracht. Doch dies war alles vergebens. Als er morgens vor die Tür ging und seine Semi Frozen Yellow Raw Steel Red Booster Yeezys ausleerte, flog aus seinem linken Sneaker ein rötlichbraunes Rindenmulchstück raus und landete auf dem Fußboden. Voller Entsetzen und Enttäuschung starrte er minutenlang auf die zerkleinerte und unfermentierte Baumrinde.
“Ich habe all meine Hoffnung, all meinen Glauben in das Geschenk des Nikolauses gesetzt” , so der frustrierte Freizeitboxer. “Ich habe sowohl meine Lebensart als auch meine Lebenseinstellung harmonisiert, um vom Nikolaus eine würdige Gabe zu bekommen. Doch ich lebte eine Lüge. All meine Bemühungen, und dieser bärtige Betrüger schenkt mir ein kleines Holzstück? Bin ich ihm denn nicht mehr wert?” Nach diesen Worten holte Simon E. das berüchtigte Bodenabdeckungsholzstück aus seiner linken Hosentasche, warf es auf den Boden, verfiel in Raserei, verfluchte den Nikolaus, schwor sich Rache und verließ schreiend das Schulgelände. Seitdem überschlagen sich die Ereignisse in Groß-Umstadt: Es wurden zwei Kaugummiautomaten ausgeraubt und verschiedene Aufkleber an Parkbänken, Straßenschildern und Ampelanlagen mit der Aufschrift “Nikolaus Raus!” vorgefunden.
Ob unsere schöne Stadt vor der antinikoläusischen Bewegung Simon E.’s sicher ist, wird sich wohl in den nächsten Tagen herausstellen. Genauso muss noch geklärt werden, ob der Nikolaus überhaupt für das Rindenmulchstück in Simon E.’s Schuh verantwortlich ist. Kritische Kritiker, wie der kritische Kristian K. aus dem Bockwurstverein Groß-Bieberau, sehen das kritisch: “Es ist möglich, dass der Nikolaus dieses Jahr etwas sparsamer war, trotzdem ist es unfair, ihm gleich die Schuld in die Schuhe zu schieben.“
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